Dudweiler Relikte Folge 31 - Mai 2019 - von Helmut Sauer
Manche Relikte kommen ganz unauffällig und unscheinbar daher. So ragt rechts neben der Straßenfront des historischen Dudweiler Wasserwerks in der Saarbrücker Straße oberhalb des metallenen Nivellierungspunktes (ganz unten im nachfolgenden Foto) ein kurzes, weiß gestrichenes Rohr in den Bürgersteig. Dort befindet sich ein etwas über mannshoher Bretterzaun, in dem das neben dem Sandsteinsockel des Wasserwerks befindliche Rohr verschwindet.
Das Rohr ist ersichtlich der Handgriff eines Geländers: Das Rohr des Geländers ragt ein ganz kurzes Stück waagerecht aus der Bretterwand heraus, verläuft dann in einer flachen Biegung leicht nach unten und endet nach der nach links gerichteten Biegung des Rohres um 180° in einem runden Knopf. Die Biegung nach unten folgt der unter dem Bretterzaun sichtbaren steinernen Trittstufe.
Zwar hat der so sichtbare Handgriff keine Funktion mehr, er zeugt aber weiterhin von dem früheren öffentlichen Weg in der dortigen Gebäudelücke der Saarbrücker Straße zwischen dem Wasserwerksgebäude und dem Gebäude des früheren Schuhhauses Woll, in dem sich jetzt ein Fitness-Zentrum befindet. Über den ehemaligen, jetzt durch den alten Bretterzaun geschlossenen Durchgang hatte man Zugang zu den Grundstücken auf dem offenen Garten- und Feldgelände zwischen der Saarbrücker Straße, der Trierer Straße, der Straße An der Mühlenschule und der heutigen Sulzbachtalstraße, die erst in den 1960er Jahren trassiert worden ist. Das Betriebsgelände des Wasserwerks mit dem Zugang linker Hand des Gebäudes war damals mit einem Tor abgeschlossen. Die frühere Zuwegung entlang der östlichen Gebäudeseite war jedenfalls noch in den 1960er Jahren begehbar und wurde mit der Umgestaltung des hinteren Betriebsbereiches des Wasserwerks und dessen moderner Umzäunung geschlossen, zumal zugleich die fußläufige Verbindung der Saarbrücker Straße mit dem jetzigen Dudoplatz durch das Gelände links des Wasserwerksgebäudes neu gestaltet worden ist.
Literatur:
Jakobs/Sauer/Wahl, Straßenlexikon Dudweiler – Herrensohr – Jägersfreude, Hrsg. DGW, 2017
Sauer, Dudweiler Denkmäler – Teil 1 – Denkmal Wasserwerk, in Historische Beiträge aus der Arbeit der Dudweiler Geschichtswerkstatt, Band 12, 2012, S. 67 ff.
Fotos: Autor, Winter 2018
Dudweiler Relikte Folge 32 - Juni 2019 - von Helmut Sauer
Diesmal ein sprachliches Relikt – Die “Dardanellen” auf dem Dudweiler Büchel
Von den alten Büchelern wurde der schmale Durchgang zwischen dem Alten Stadtweg und der hinteren Büchelstraße auf den Namen „Dardanellen“ getauft (von manchen gesprächsweise auch „es Päädche“ genannt) – ein Namensrelikt, das, so steht zu vermuten, mit der Zeit in Vergessenheit geraten wird.
Auf dem Büchel ist diese Bezeichnung auch heute durchaus noch gebräuchlich – kürzt der Weg doch den Zugang zum Gasthaus „Kopp`s Haus“ vom Alten Stadtweg her – und damit also auch den Heimweg nach dem Zechen – deutlich ab.
Vgl. Jüngst-Kipper, Heidelinde/Jüngst, Karl-Ludwig, Häuserchronik der Südecke des Büchel – Von Nickel Deutschs Vogtei zum Gasthaus KOPP`S HAUS, Historische Beiträge aus der Arbeit der Dudweiler Geschichtswerkstatt (Sondertitel: Neue Beiträge zur Ortsgeschichte), Band 2, S. 6 ff.
Solche Abkürzungen fanden sich in früheren Zeiten in der alten Bebauungslage häufiger. So etwa die ehemalige fußläufige Verbindung zwischen dem Hofweg und der Straße Im Heimgarten – „Wunne Päädche“ genannt (im Hofweg begann der Weg an der ehemaligen Metzgerei Wunn) oder „Adams Päädche“ zwischen Sudstraße und der Straße Am Alten Turm mit Brücke über den Sulzbach, der bis zur Fertigstellung der Sulzbachtalstraße um 1960 dort noch offen verlaufen ist.
Vgl. zu den Dudweiler Straßen und Wegen: Jakobs/Sauer/Wahl, Straßenlexikon Dudweiler-Herrensohr-Jägersfreude, Hrsg. Dudweiler Geschichtswerkstatt, 2017
Der grob befestigte Weg der „Dardanellen“ wurde zu früheren Zeiten sicher häufiger genutzt, zumal man über ihn auch zu den Feldern südwestlich des Büchels in der Flur „Harschbach“ gelangen konnte.
Wie erklärt sich nun die Bezeichnung „Dardanellen“ für diese unscheinbare Wegeverbindung im weit von der Türkei und der Meerenge der Dardanellen im Mittelmeer entfernten Dudweiler ?
Dass die echten Dardanellen Namenspate waren, dürfte nicht zu bestreiten sein.
Zu diesen erläutert Wikipedia (Abruf 01.06.2019 unter den Stichworten „Dardanellen“ und „Schlacht von Gallipoli“ – kurz zusammengefasst):
Die Dardanellen (im Altertum: Hellespont genannt) sind eine zur Türkei gehörende Meerenge. Sie liegen zwischen der europäischen Halbinsel Gallipoli und dem zu Kleinasien gehörigen Nordwest-Anatolien. Die etwa 65 Kilometer lange Meerenge ist zwischen 1,3 und 6 Kilometer breit.
Während des Ersten Weltkriegs waren die Dardanellen aufgrund ihrer strategischen Lage Schauplatz heftiger kriegerischer Auseinandersetzungen zwischen der dort von Großbritannien geführten Entente (GB, Frankreich, Russland) und den mit dem deutschen und dem österreichischen Kaiserreich (sog. Mittelmächte) verbündeten Osmanischen Reich, die 1918 in der Schlacht von Gallipoli mit hohen Verlusten auf beiden Seiten gipfelten. Deutsche Marineeinheiten und Militärberater waren von 1914 an auf diesem Kriegsschauplatz, auf dem um den Seeweg zum Schwarzen Meer und damit insbesondere den Hafenstädten Russlands gekämpft worden ist, präsent.
Die zur Zeit des 1. Weltkrieges in Dudweiler gelesene Presse war natürlich voll von Artikeln über die Kriegsereignisse. Von daher dürften die Dardanellen in den Kriegsberichten der Nachrichtenblätter, andere Medien existierten damals noch nicht, breiten Raum eingenommen haben und die Ereignisse um die z. T. sehr schmale Meerenge zum Gesprächsstoff an den Theken der Gasthäuser gesorgt haben. Da lag es wohl nahe, den hiesigen engen und bisher namenlosen Durchgang zum Gasthaus Kopp im Bücheler Volksmund, vielleicht auch in Bierlaune, „Dardanellen“ zu taufen, wobei auch der lautmalerisch exotische Klang der Ortsbezeichnung hierzu beigetragen haben könnte.
Anregung zu einer solchen Namensgebung nach einem geographisch fernen Ort mag zudem das Beispiel der damals noch nicht so arg lange Zeit zurückliegenden ebenso volkstümlichen Benennung des Ortsteiles um die Gärtnerstraße mit „In der Kiautschou“ gewesen sein. Dieser Teil von Dudweiler wurde in Anklang an den Auslandseinsatz eines aus dem Ort stammenden Angehörigen des 1900 nach China entsandten deutschen Kontingents der internationalen Interventionstruppen gegen den sog. Boxeraufstand in China benannt. Dieser Marinesoldat stammte aus dem Ortsbereich der heutigen Gärtnerstraße und hat nach seiner Rückkehr vom Militärdienst dort wieder Wohnung genommen. Er wurde im Dudweiler des ausgehenden Kaiserreiches als eine Art Kriegsheld angesehen. Anknüpfungspunkt der deutschen Teilnahme an der alliierten militärischen Operation in China waren die kolonialen Interessen an dem vom Deutschen Reich gepachteten chinesischen Hafen Kiautschou.
Vgl. dazu ausführlich: Meier, Friedrich, „Kiautschou“ – Dudweiler „Klein-China“?, Historische Beiträge aus der Arbeit der Dudweiler Geschichtswerkstatt, Band 9. S. 28 ff.
Auffallend an den „Dardanellen“ auf dem Büchel ist die vom Alten Stadtweg her den Durchgang südlich begrenzende Giebelwand, an der man die Bauweise der alten Dudweiler Häuser aus Bruchsteinmauerwerk ablesen kann. Das dortige Haus gehört mit zu den ältesten Häusern des Ortskerns von Dudweiler.
Auffallend ist zudem das Nivellierungseisen in dieser Wand. Üblicherweise besteht es aus einer Art dickerem eisernen Knopf, der nur wenig aus der Wand herausragt. Hier ist es ein etws längeres schmales Rundeisen und damit eine ältere Version solcher Messpunkte, wie sie eher nur noch selten zu sehen ist. Vgl. dazu auch: Dudweiler Blog – Dudweiler Relikte Folge 31 – Mai 2019 – Ein Handgriff am Dudweiler Wasserwerk
Vgl. zur Bebauung und den Familien des Büchel in historischer Abfolge: Jüngst-Kipper, Heidelinde/Jüngst, Karl-Ludwig, a. a. O., und dieselben, Einwohner von Dudweiler und Jägersfreude vor 1815, 1990, dort u. a. die Karten S. 771 ff.
Alle Fotos im Text: H. Sauer, 2019
Dudweiler Relikte Folge 33 - August 2019 - von Helmut Sauer
Hauskeller waren schon immer wichtige Räume zur Bevorratung und Aufbewahrung all der Dinge, die nicht ständig gebraucht werden.
Wikipedia (Zugriff 8/2019) erklärt dazu u. a.: „Ein Keller (von lat. cella; auch „Kellergeschoss“, „Untergeschoss“ oder „Souterrain“ genannt) ist ein geschlossenes Gebäudebauteil, das sich ganz oder zumindest überwiegend unterhalb der Erdoberfläche befindet. Zweck des Kellers war ursprünglich die Lagerung von Lebensmitteln in kühler Umgebung, da ein Keller eine gleichmäßigere Temperatur aufweist als ein oberirdisches Bauwerk.“
Kellerzugänge
Manche der älteren Dudweiler Häuser verfügten über Kellerzugänge von der Straße her. Über eine schiefe Ebene oder eine Treppe gelangt man auf die Kellerebene. Einige dieser Zugänge haben sich bis heute erhalten. Hier drei Beispiele, wie sie auf dem Dudweiler Büchel noch zu finden sind.
Obige Fotos: R. Jakobs, 2018 (1. Foto v. l.) und Autor, 2019
Zu finden sind auch Zugänge, die über ein begehbares Gitter im Bürgersteig verschlossen und gesichert sind.
Kellerlöcher
Wichtig waren über die Zugänge hinaus die Kellerfenster, die eigentlichen „Kellerlöcher“, die weniger der Beleuchtung als der Belüftung dienen. Wichtig waren sie in den Zeiten der Kohleöfen und -heizungen, weil über sie der häusliche Kohle- oder Koksvorrat für den Winter von der Straße direkt in den Kohlenkeller verfrachtet werden konnte. War der Brennstoffhaufen durch die Fuhrleute der örtlichen Pferdefuhrwerke, später auch die Fahrer der Laster, vor das Haus gekippt, musste er schnellstmöglich durch das Kellerloch geschippt werden. Kluge Leute, wie die Bergleute, besaßen dafür eine „Panneschipp“ mit leicht gewölbter, fast schon herzförmiger Schaufel, mit der das lose Gut besser und schneller befördert werden konnte. In vielen Häusern gab es zudem ein hölzernes Schüttgestell in Form einer an beiden Seiten durch ein hochgestelltes Brett begrenzten Rutsche, das von Innen an das Kellerloch schräg angestellt worden ist und über das die Kohlen in den Keller gleiten konnten.
In gleicher Weise wurden die oftmals lose angelieferten Winterkartoffeln über die Rutsche in den Keller verfrachtet, wenn sie nicht bereits in Säcken geliefert worden sind. Aber auch hier wurde oftmals die Rutsche eingesetzt, wenn der Transport der schweren Säcke in den Keller zu schwierig oder unzumutbar war. Hier musste man wegen des empfindlichen Schüttgutes natürlich vorsichtiger zu Wge gehn als bei Steinkohle oder Koks.
Solche Kellerlöcher waren durch Kellerläden gesichert, wie sie nur noch selten zu sehen sind. Hier ein liebevoll gepflegtes und erhaltenes Exemplar an einem alte Bergmannshaus auf dem Büchel.
Wie auch auf dem Foto zu erkennen, sind die Kellerlöcher heute regelmäßig durch Bleche (auf dem Foto zusätzlich angebracht), kleine Fenster, Gitter, Glasbausteine o. ä. verschlossen.
Fotos: H. Sauer
Dudweiler Relikte Folge 34 - September 2019 - von Helmut Sauer
Ein Foto zeigt eine längst vergangene landwirtschaftliche Einrichtung
Ein unauffälliges „Landschaftsrelikt“ in Form einer terassierten Bodenformation ragt aus der zum Harschbach abfallenden Feldflur im oberen Teil des Hanges hinter dem zur Villa Micka gehörenden Anwesen und etwa in Höhe des früheren Schlafhauses am Albertschacht (auch Ost- oder Pascalschacht genannt) heraus. Unter der dortigen Grasnarbe ist diese Struktur weiterhin erkennbar. Sie kennzeichnet auch heute noch die Stelle, an der im 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Dreschmaschine der Dudweiler Landwirte betrieben worden ist. Die Örtlichkeit ist durch schriftliche Angaben des Dudweiler Pfarrers Lichnock ebenso belegt wie durch mündliche Angabe von Harald Hoos, einem Feldflur-Anrainer aus dem Alten Stadtweg, gegenüber dem Autor. Von der Saarbrücker Straße aus war die Feldflur “In der Harschbach” früher durch eine Fußweg zu erreichen.
Fotos: H. Sauer -2018, Kartenausschnitt: Archiv ev. Kirchengemeinde Dudweiler-Herrensohr
Wikipedia ist unter dem Stichwort „Dreschmaschine“ zu entnehmen (hier auszugsweise wiedergegeben; Recherche: Juli 2019) :
„Eine Dreschmaschine, auch Dreschkasten genannt, ist ein landwirtschaftliches Gerät zum Dreschen von Körnerfrüchten, insbesondere von Getreide. Dreschmaschinen sind heute im professionellen Bereich nicht mehr im Einsatz, sie wurden in Deutschland in den 1950er bis 1960er Jahren durch Mähdrescher verdrängt.
Es gab stationäre und fahrbare Dreschmaschinen. Angetrieben wurden die Dreschmaschinen zunächst über Pferdegöpel oder Dampfmaschinen, später meist durch Elektromotoren, stationäre Verbrennungsmotoren oder Traktoren. Eine Dorfgemeinschaft bediente sich oft einer einzigen Dreschmaschine, die an den jeweils erntenden Bauer vermietet wurde. Zur Erntezeit war sie dann pausenlos im Einsatz. Für die Beschickung der Dreschmaschine mit Garben, Absacken des Getreides, Abnehmen und Aufladen des ausgedroschenen Strohs etc. waren ca. 10 Personen notwendig. Das hat zur Folge, dass der Getreidedrusch in wenigen Wochen erledigt werden kann. Zuvor hatte man die Getreideernte mit dem Dreschflegel ausgedroschen, was etwa 30 Wochen von Ende September bis Anfang Mai dauerte.
In Deutschland hatten Dreschmaschinen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ihre größte Verbreitung. Es gab in Deutschland rund 650.000 Dreschmaschinen. Verbreitet zogen nach der Getreideernte im Herbst und bis in den Winter hinein Lohnunternehmer mit Lokomobilen oder Zugmaschinen (die dann auch als Antrieb verwendet wurden) und Dreschmaschinen von Dorf zu Dorf, um bei den Landwirten das Getreide zu dreschen.“
Fotos: Archiv Dudweiler Geschichtswerkstatt
Das erst kürzlich zur Sammlung der Dudweiler Geschichtswerkstatt gelangte Foto zeigt die Dudweiler Dreschmaschine an der oben angegebenen Stelle. Daraus wird deutlich, dass die Maschine hier auf der beschriebenen Terrasse innerhalb eines kleinen Gebäudes betrieben worden ist. Es spricht danach einiges dafür, dass es sich eher um eine stationäre Maschine gehandelt hat. Vielleicht war der Bau auch nur der Standplatz für eine mobile Maschine. Das Foto dürfte um 1900 aufgenommen worden sein und ist von der Qualität her etwas unscharf, zumal es sich bei dem zur Sammlung der Geschichtswerkstatt gelangten Exemplar nicht um einen Originalabzug handelt.
Das nachfolgende Foto von der Höhe des dort erst vereinzelt bebauten Alten Stadtweges aus (etwa 1900) verdeutlicht, dass Dudweiler vor der Baulanderschließung ab den 1950er Jahren noch reich an landwirtschaftlich genutzten Ortsbereichen war, die Nutzung einer solchen Dreschmaschine durchaus sinnvoll gewesen ist. Bisher sind der Dudweiler Geschichtswerkstatt über deren Betriebsverhältnisse indes keine näheren Einzelheiten bekannt.
Dudweiler Relikte Folge 35 - September 2019 - von Helmut Sauer
Manche Relikte entstehen regelrecht über Nacht. So war die Firmenreklame am Haus der früher in Dudweiler ansässigen Fleischwarenfirma Schwamm auch nach der bereits vor Jahren erfolgten Verlegung des Firmensitzes kürzlich noch sichtbar. Inzwischen ist das altbekannte Markenzeichen abmontiert. Dennoch ist der markante Schriftzug am Haus Bahnhofstraße 2 als “Schatten” und jedenfalls vorübergehend bleibendes Dudweiler Relikt weiterhin sichtbar.
Foto: Autor, September 2019
Ausführlich ist die Geschichte der Fleischwarenfirma Schwamm in dem Aufsatz von Reinhard Jakobs, Schwamm, eine Erfolgsgeschichte aus Dudweiler, in den Historischen Beiträge aus der Arbeit der Dudweiler Geschichtswerkstatt, Band 13, 2014, S. 47 ff. nachzulesen.
September 2019 - von Helmut Sauer
Wie und wann kam eigentlich die Currywurst nach Dudweiler ?
Nachdem die Saarbrücker Zeitung in ihrer am 31. August erschienenen Wochenendausgabe (S. B1) einem eher kuriosen Feiertag, wie dem der Currywurst, in Form eines Interviews mit dem saarländischen Schriftsteller Alfred Gulden über Rostwurstbuden und Rostwurstkonsum Platz eingeräumt hat, stellte sich uns diese Frage.
Dazu vorab ein wenig „Küchenhistorie“
Die „Erfindung der Currywurst“ liegt dieses Jahr entweder 70 oder zumindest 60 Jahre zurück – also auf jeden Fall ein Jubiläum. Der 4. September als „Tag der Currywurst“ wird auf die folgende Legende zurückgeführt. So schreibt Sven Giese auf der Homepage www.kuriose-feiertage.de (veröffentlicht: 4. September 2015 – aktualisiert: 15. August 2019) hierzu u. a.:
„… der Legende nach soll die Berliner Imbissbuden-Besitzerin Herta Heuwer (1913 – 1999) die Currywurst am 4. September 1949 im Stadtteil Charlottenburg erfunden haben. Und die Geschichte dazu geht so: Da in diesem Tag wenig zu tun war, begann die 1913 in Königsberg geborene Heuwer in ihrer Imbissbude an der Ecke Kant-/Kaiser-Friedrich-Straße zu experimentieren und mischte frisch geschnittenen Paprika, Paprikapulver, Worcestershiresauce, Tomatenmark und Gewürzen zu einer Sauce, die sie über eine gebratene gestückelte Brühwurst goss. Und dies soll die Geburtsstunde der uns heute bekannten Currywurst gewesen sein … im Januar 1959 ließ sich Heuwer ihre Sauce unter dem Namen „Chillup“ beim Münchner Patentamt als Marke registrieren (Patent Nummer 721319) und gemäß dieser Lesart ist die Currywurst eine echte Berliner Erfindung, wobei die originalen Zutaten heute nicht mehr bekannt sind.“
Andere „Küchen-Historiker“ verorten die erste Currywurst, wie Google weiß, in Koblenz, Hamburg oder im Ruhrgebiet.
Wie auch immer, die Currywurst war als neues Garküchenprodukt der Rostwurstbuden bundesweit spätestens ab den 1960er Jahren allgegenwärtig und beliebt. Dazu hat beigetragen, dass die Soße den „Rostwurstbrätern“ die Möglichkeit eröffnete, eine jeweils eigene Rezeptur zu entwickeln.
So auch bei der Dudweiler Würstchenbude der Familie Schöpflin am Dudweiler Marktplatz, die dort von Wolfgang Sämann bis heute mit gleichbleibenden Rezepten erfolgreich fortgeführt wird.
Zu dem „Küchengeheimnis“ und Erfolg der Dudweiler schöpflinschen Currywurst gehört u. a., dass die Soßenmischung aus Ketchup und Currypulver verfeinert wird durch einen Schuss der ebenso bekannten Soße zum traditionellen Schaschlik-Angebot des Rostwurstbetriebs – insbesondere aus Fleisch- und Nierenstücken mit Zwiebelscheiben dazwischen. Dadurch erhält die Currysoße ihren typischen Charakter, nicht zu zu flüssig, an der Wurst haftend und den Curry auf der Wurst bindend.
Die erste Currywurst in Dudweiler
Ein genaues Datum konnten die Mitarbeiter der Dudweiler Geschichtswerkstatt bisher nicht ermitteln. Fakt ist jedenfalls, dass der Rostwurstbetrieb Schöpflin – jetzt Sämann – dieses Produkt zumindest seit Ende der 1960er Jahre am Dudweiler Markt durchgehend und in stets gleicher Rezeptur anbietet. Wenn nicht bereits der 1970 verstorbene Gründer des Betriebes, Bartlin Schöpflin, die Rezeptur für die erste Dudweiler Curry festgelegt hat, so gilt das jedenfalls für seinen Sohn Willi und seine Tochter Elisabeth, „Schepplins Liss“, die die Currywurst vor allem der Ende der 1960er/Anfang der 1970er Jahre regelmäßig am Samstag und Sonntag „auf der Rennbahn“ in der Saarbrücker Straße zwischen „Eimer“ bzw. „Lupe“ und „Smuggler`s Inn“ im Süden und dem Scala-Kino im Norden flanierenden Dudweiler Jugend serviert haben. Dieser Betrieb war jedenfalls der erste hiesige Anbieter der Currywurst.
Näheres zu beiden und zur Geschichte des Betriebes, der mit seinem Standort am Dudweiler Marktplatz zudem nach wie vor zugleich die Funktion eines Informations- und Kommunikations-Hotspots erfüllt, findet sich in dem bebilderten Aufsatz von Reinhard Jakobs, „Schöpflin – Alles dreht sich um die Wurst“, in den „Historischen Beiträgen aus der Arbeit der Dudweiler Geschichtswerkstatt“, Band 12, 2012, S. 5 ff..
Sehr interessant wäre es, wenn sich Dudweiler Currywurst-Esser aus den Anfangszeiten finden würden, die das Datum der Einführung bzw. ihre erste Begegnung mit „da Curry“ in Dudweiler noch näher einzugrenzen wissen – entweder über Dudweiler Blog oder zur E-Mail-Adresse: dudweiler977@dudweiler-geschichtswerkstatt.de
Zum Abschluss die typische Bestellung, wie sie auch heute noch zu hören ist:
„Ä weißie Körri“ oder „ä rodie Körri, awwa midd zwei Wegg, dass ma a noch die Sooß austungge konn“, oder „ä dobbeldie Körri rod un weiß“ (oder auch kurz „ä gemischdie Körri“).
Dazu guten Appetit beim nächsten Besuch der Rostwurstbude